Montag, 4. August 2008

Behörden hatten Hinweise auf mögliche Terroranschläge

Erschienen am 04. August 2008
Sicherheitsbeamte in der uigurischen Provinz Kashgar in China (Quelle: AFP)
Vor dem Anschlag in Nordwestchina mit 16 Toten wollen die örtlichen Sicherheitsbehörden schon Hinweise gehabt haben, die auf mögliche Terroraktivitäten uigurischer Separatisten in der Woche vor der Eröffnung der Olympischen Spiele in Peking hindeuteten. Wie die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua am Montag berichtete, hätten die Erkenntnisse auf einen möglichen Terroranschlag der "Ostturkestanischen Islamischen Bewegung" hingewiesen.

Der Anschlag am Montagmorgen passierte demnach vor dem Yijin-Hotel in Kashgar, das neben den Baracken der Grenzpolizei liegt. 14 Polizisten seien sofort tot gewesen, zwei auf dem Weg ins Krankenhaus gestorben, berichtete Xinhua. Ein Mitarbeiter des Hotels berichtete telefonisch aus Peking: "Mein Kollege hat laute Explosionen gehört." Die umliegenden Straßen wurden nach Angaben von Anwohnern vorübergehend gesperrt. Laut Xinhua wurden Trümmer von fünf Sprengsätzen gefunden. 16 weitere Polizisten wurden verletzt. Die beiden Angreifer seien festgenommen worden.

Hintermänner unklar
Nach Expertenangaben benutzen chinesische Behörden die Bezeichnung "Ostturkestanische Islamische Bewegung" (ETIM) im weiteren Sinne für alle uigurischen Unabhängigkeitsgruppen, die als Gefahr betrachtet werden. Als einzige uigurische Gruppierung war die ETIM auch von den USA als terroristische Vereinigung eingestuft worden. Nach Angaben westlicher Uiguren-Experten ist aber fraglich, ob sie heute überhaupt noch existiert oder wie groß sie jemals war. Seit Jahren sei diese Gruppe nach ihren Erkenntnissen nicht mehr aufgetaucht. Nach chinesischer Darstellung soll die ETIM dagegen auch hinter einem Anschlag auf ein chinesisches Verkehrsflugzeug im März stecken, wie drei damals Festgenommene gestanden hätten.

Exil-Uiguren: China zwingt Volk zur Konfrontation
Exil-uigurische Gruppen haben nach eigenen Angaben keine Hinweise auf die Hintermänner des mutmaßlichen Terroranschlages in Nordwestchina. Der Sprecher des in München ansässigen Weltkongresses der Uiguren, Dilxat Raxit, sagte am Montag, es gebe keine Verbindungen zu der von China immer wieder genannten ETIM. Er machte die repressive chinesische Politik in Xinjiang verantwortlich für die wachsenden Konflikte in der Region. "Viele Uiguren halten Chinas Unterdrückung nicht mehr aus", sagte Raxit. "Uns besorgt am meisten, dass die Politik Chinas das uigurische Volk auf den Weg der militärischen Konfrontation führt oder zwingt.

Warnung vor möglichen Anschlägen der Uiguren
Viele Uiguren, die sich als Turkvolk ethnisch von Chinesen unterscheiden, wehren sich gegen die chinesische Fremdherrschaft in Xinjiang und beklagen kulturelle und politische Unterdrückung. Einige suchen auch die Wiederherstellung ihrer früheren ostturkestanischen Republik. Deswegen zählt Xinjiang, wo acht Millionen Uiguren leben, zu den Unruheregionen Chinas. Nach der Gründung der Volksrepublik 1949 hatten sich die Kommunistischen Machthaber die Region einverleibt.


Vermutlich keine Verbindung zu Olympischen Spielen
Nach dem Anschlag hob der Sprecher der Pekinger Olympia-Organisatoren, Sun Weide, vor Journalisten hervor, dass China in der Lage sei, "sichere und friedliche Spiele zu organisieren". Die Organisatoren hätten umfassende Sicherheitsvorkehrungen getroffen. Der Chef des Deutschen Olympischen Sportbundes, Thomas Bach, bedauerte den Anschlag "zutiefst" und sprach den Familien der 16 Getöteten sein Beileid aus. Bach sah allerdings keine Verbindung zu den Olympischen Spielen. "Offensichtlich besteht nach den bisherigen Informationen kein Zusammenhang zu Olympia", sagte der Jurist, "wir haben volles Vertrauen in die Sicherheitsvorkehrungen der chinesischen Olympia-Organisatoren".


Video mit Terroraufruf
Im Vorfeld der Spiele hatte die chinesische Polizei berichtet, seit Jahresanfang 82 uigurische "Terroristen" festgenommen zu haben, die Anschläge gegen Olympia geplant haben sollen. Im März war auch von einem versuchten Anschlag uigurischer Separatisten auf ein Flugzeug die Rede, ohne dass konkrete Beweise bekannt wurden. Vor einer Woche tauchte ein Internetvideo auf mit einem Terroraufruf, angeblich von der ETIM. Das stuften ausländische Experten und die chinesische Polizei aber als fragwürdig ein.


Eröffnungsfeier mit Bush und Sarkozy
Während China uigurische Separatisten als größte Bedrohung beschreiben, haben die von China als "Terroristen" gebrandmarkten Exilführer der muslimischen Uiguren im Ausland allerdings bisher keineswegs zu Störungen der Sommerspiele aufgerufen. Zur Eröffnung im Nationalstadion werden am Freitag bis zu 90 Staats- und Regierungschefs erwartet, darunter US-Präsident George W. Bush und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy, der als amtierender EU-Ratspräsident auch die Europäische Union vertritt.

Von:http://nachrichten.t-online.de/c/15/78/77/82/15787782.html

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