Uiguren im Niemandsland Guantanamo
Die USA wollen mehrere unschuldig inhaftierte Uiguren aus Guantanamo entlassen. In ihrer chinesischen Heimat soll ihnen jedoch Folter drohen. Andere Staaten wollen die Menschen aber auch nicht aufnehmen.
Trotz internationaler Kritik an mangelnder Rechtsstaatlichkeit werden immer noch rund 500 Terrorverdächtige von den USA in dem Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba festgehalten - überwiegend Menschen aus Afghanistan. Unter den Gefangenen auf Guantanamo sind laut Medienberichten aber auch 15 Uiguren, Angehörige eines muslimisch geprägten Turkvolkes aus der westchinesischen Provinz Xinjiang. Sie werden im rechtlichen Niemandsland noch immer festgehalten, obwohl das US-Verteidigungsministerium bereits vor fast zwei Jahren ihre Unschuld festgestellt und ihre Freilassung gebilligt hat.
Kein Land wolle sie bislang aufnehmen, und in China drohe ihnen politische Verfolgung. Das zumindest berichtet die Zeitung "Washington Post" auf ihrer Webseite, und auch die US-Menschenrechtsorganisation "Human Rights Watch" befasst sich bereits mit dem Fall.
Mit harter Hand unterdrückt
Die Uiguren sind zwar offensichtlich keine Gegner der USA. Sie wehren sich aber gegen die von der Kommunistischen Partei Chinas forcierte Han-chinesische Dominanz in ihrer Heimat. Uigurische Autonomiebestrebungen sind dort von den chinesischen Behörden stets mit harter Hand unterdrückt worden.
Mit rund 20 Staaten hat das US-Außenministerium bereits Kontakt aufgenommen, um einen sicheren Aufenthaltsort für die Uiguren zu suchen - bislang ergebnislos. Ob Washington ihnen auch selbst einen Verbleib als freie Menschen in den USA angeboten hat, ist bisher nicht bekannt.
Uiguren wollen Unabhängigkeit in China
Dilxadi Rexiti ist Presssprecher des World Uighur Congress, Einer Organisation, die sich für die Unabhängigkeit der heutigen chinesischen West-Provinz Xinjiang einsetzt. Er ist empört über die bisher vergebliche Suche seiner Landsleute nach Asyl in einem anderen Land: "Warum weigerten sich diese Staaten? Ein Grund ist wohl die negative Darstellung der Uiguren und ihrer Unabhängigkeitsbewegung durch die chinesische Regierung. China bezeichnet diese Leute als Terroristen - und zwingt anderen Ländern seine Ansicht auf. China flankiert diese Strategie gegenüber westlichen Ländern mit diplomatischem Druck und wirtschaftlichen Anreizen. Und zweitens gibt es Probleme bei der Registrierung als Asylbewerber. Die angefragten Staaten wollen sie nicht ohne einen entsprechenden Status aufnehmen."
Peking verlangt die Auslieferung
Vor dem 50. Gründungstag der offiziell so genannten "Autonomen Region Xinjiang" im November 2005 ist Peking an einer Straffung der Kontrolle über die unruhige Region interessiert. Wie viel Nervosität hier im Spiel ist, zeigt sich auch durch jüngste Meldungen über die Verhaftung von zehn Uiguren wegen angeblich separatistischer Aktivitäten. China will hier unbedingt Härte und Unnachgiebigkeit demonstrieren. In diesem Zusammenhang verlangt Peking von den USA auch die Auslieferung der Uiguren von Guantanamo.
"Zur falschen Zeit am falschen Ort"
Festgenommen wurden die 15 Uiguren angeblich in Pakistan in Folge der Terroranschläge vom 11. Septembers 2001 in New York und des Afghanistan-Krieges. Die "Washington Post" schreibt, fünf der Uiguren hätten einfach das Pech gehabt, "zur falschen Zeit am falschen Ort" zu sein. Angeblich wurden sie von pakistanischen Kopfgeldjägern gegen Belohnung an die US-Behörden übergeben, berichtet die US-Zeitung weiter. Die anderen zehn wurden zwar in Ausbildungslagern in Afghanistan aufgespürt - offensichtlich befanden sie sich aber nicht dort, um gegen die Amerikaner zu kämpfen. Ihr Gegner ist vielmehr das kommunistische Regime in China.
Dilxadi Rexiti vertritt die Meinung, seine Landsleute seien Opfer der komplizierten politischen Beziehungen zwischen China, Pakistan und den USA geworden. "Sie mussten wegen der politischen Verfolgung in China ins Ausland fliehen. In China war ihr Leben in Gefahr. Aber sie sind unschuldig. Da die pakistanische Regierung China einen Gefallen tun wollte, wurden diese Männer Opfer solcher politischer Interessen. Sie wurden als Terrorverdächtige von der pakistanischen Polizei festgenommen. Die Polizisten haben sie dann aber an die Amerikaner ausgeliefert, um von dem Amerikanern eine Belohnung zu erhalten. Das ist der Grund, warum die Uiguren nach Guantanamo gekommen sind."
Asyl in den USA?
Inzwischen hat sich die Menschenrechtsorganisation "Human Rights Watch" des Falles angenommen. Deren Haltung ist: Wenn die USA kein anderes Asylland für die Uiguren finden - warum lässt man sie dann nicht in die USA einreisen? Damit, dass im August die Haftbedingungen für fünf der 15 uigurischen Gefangenen erleichtert wurden, wollen sich die Menschenrechtsorganisation nicht zufrieden geben.
Lin Jing
Samstag, 28. Juni 2008
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