Montag, 23. Juni 2008

Veränderung zur Demokratie als Ziel
-Menschenrechte: Korash Atahan berichtet über die politische Lage in seiner von China kontrollierten Heimatland Uigurien

MÖRFELDEN-WALLDORF. Hierzulande kaum bekannt ist die Provinz Uigurien (Osttürkistan) im äußersten Nordwesten der Volksrepublik China. In Xinjiang, so die offizielle chinesische Bezeichnung für die autonome Region, leben verschiedene Volksstämme, von Kasachen über Kirgisen und Mongolen bis zu Tadschiken, sämtlich unterdrückt von der chinesischen Regierung. Heute, Samstag, berichtet die in den USA lebende Dissidentin Rabiya Kadeer über Menschenrechtsverletzungen in ihrer uigurischen Heimatland.

Die Flagge seines Heimatlandes Uigurien im Rücken, sitzt Korash Atahan auf seiner Couch in der Walldorfer Niddastraße und erzählt von seinem Volk. Einst als Zentrum der Seidenstraße berühmt, wird Uigurien ähnlich seinem südlichen Nachbarstaat Tibet seit 50 Jahren von der chinesischen Regierung kontrolliert. Die chinesische Herrschaft habe 1949 begonnen, nachdem eine eigene kommunistische Republik Osttürkistan nur von kurzer Dauer war.

„Wir möchten die politische Situation unseres Landes und der verwandten ethnischen Bevölkerung zur Demokratie hin verändern“, sagt Korash Atahan in gewählten deutschen Worten.

Der Gymnasiallehrer, der in seiner Heimat bis zu seiner Ausreise 2002 als Chefredakteuer und auch als Schriftsteller für einen Volksverlag arbeitete, ist als politischer Flüchtling anerkannt und hat sich dem Kampf für die Freiheitsrechte seines Volkes verschrieben. Atahan ist Vorsitzender der vor einem Jahr gegründeten 60 Mitglieder starken „Osttürkistanischen Union e.V.“ unter dem Dachverband des Welltuigurischen Kongresses mit Sitz in München.

Mit dem Vortrag von Rabiya Kadeer in der Walldorfer Stadthalle macht die Osttürkistanische Union erstmals in der Öffentlichkeit auf sich aufmerksam. „Niemand lebt ruhig, niemand weiß, ob er morgen noch zuhause ist oder im Gefängnis“, schildert er die Lage in seiner Heimat. Er zeigt Fotos von Soldaten, die mit Gewehren auf Menschen zielen. 1991 seien 10 000 Menschen nach einem Aufstand in Gefängnisse gekommen, es habe 1000 Todesurteile gegeben und 1997 seien noch einmal rund 3000 Aufständische hingerichtet worden.

Ein weiteres Foto zeigt Menschen mit schweren Gesichtsverletzungen. Diese stammen von Kernwaffentests, sagt Atahan, die China zwischen 1959 und 1998 auf dem Testgelände Lop Nor durchführte. Es habe sich um 49 zum Teil oberirdische Atomtests gehandelt.

Sprechen und Schreiben der uigurischen Sprache seien verboten, ebenso die Weitergabe der eigenen Kultur an die Kinder. Es gebe keine Religionsfreiheit, klagt Atahan, ebenso wenig Religionsunterricht in den Schulen für die überwiegend muslimische Bevölkerung.

Durch das chinesische Entwicklungsprogramm kamen viele Chinesen nach Uigurien und verdrängten die einheimische Bevölkerung von den wenigen Arbeitsplätzen. Die Hälfte der 20 Millionen Uiguren sei arbeitslos und ohne soziale Absicherung, so Atahan. Auch sei mehr als die Hälfte der Kinder wegen Mangelernährung krank.

Nachdem zahlreiche Bekannte und Verwandte ins Gefängnis gebracht oder sogar hingerichtet wurden, sah Atahan nicht nur seine Berufsausübung zensiert, sondern auch sein eigenes Leben bedroht und entschloss sich zur Ausreise. Seine Frau und beide Töchter konnten drei Jahre später ausreisen.

lo 21.6.2008

Von:http://www.echo-online.de/suedhessen/static/625789.htm

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